Gestern im Schlachthof in Wiesbaden war ich auf einem Konzert, oder ehr Event, der den Rahmen des Üblichen bei weitem gesprengt hat. Etwas wie Sunn o ((( habe ich trotz über 500 bisher besuchter Konzerte noch nicht gesehen. Wer noch nie von den New Yorkern gehört hat, Sunn 0 ((( spielt „Drohne Metall“ etwas was sich wie eine Mischung aus Staubsaugern und startenden Flugzeugen anhört. Allerdings mit deutlich höherem Unterhaltungswert. Die Anmutung einer schwarzen Messe, mit Druidengewändern und permanent arbeitenden Nebelmaschinen, Töne die jedes Härchen am Körper vibrieren lassen und ein Sänger der sich zwischen lateinischen Vorbetern und Südamerikanischen Schreivögeln bewegt ist etwas, das mehr als nur etwas ungewöhnlich ist. Aber noch erstaunlicher als die Musik war für mich, dass die Halle sehr gut besucht war und ein sehr ungewöhnliches Publikum angezogen hat. Der typische Metallfan mit langen, grauen Locken und imposanten Bierbauch unter dem Iron Maiden T-Shirt fehlte. Dafür waren sehr viele sehr hübsche Frauen anwesend. Die Grundfarbe war natürlich schwarz, aber bunt gemischt. Das Ganze hatte ein wenig von einer Vernissage. Keine Konzertrituale, kein Applaus zwischen den Songs, denn es gab auch keine Pausen dazwischen und keine Zugabe Rufe. Alle waren froh das es vorbei war und auch irgendwie traurig. Es wurde heftig applaudiert und die Musiker dann ohne Proteste von der Bühne gehen lassen. Ungewöhnlich in einer Zeit in dem alles immer weiter verflacht, weil die Musikindustrie oder alle anderen Entscheidungsträger bei Firmen, die Kreative beschäftigen, nur darauf schielen, was in der Vergangenheit erfolgreich war und versuchen das zu kopieren. Nach „Schades of Gray“ meinten alle Buchverlage Softpornos mit ein bisschen Sado Maso in ihr Programm aufnehmen zu müssen. Geht ein Song in den Hitparaden ab, wird er von extra dafür geschriebenen Programmen seziert und es wird versucht etwas ähnlichen zu produzieren. Darum höre ich niemals Radio, denn bei dem Kommerz- Schrott dreht sich mir sofort der Magen um. Aber auch wenn Gestern nur zehn Prozent der Besucher eines Adele Konzerts anwesend waren, es waren ein paar hundert, die sich dieses Event angesehen haben. Das freut mich und zeigt, dass die Menschen hier doch nicht völlig verblödet sind. Wer etwas Neues schafft wie Sunn o((( kann durchaus dafür belohnt werden und das ist gut so. Was kann der Autor daraus lernen? Nicht der, der einen guten Vampirroman schreibt ist kreativ. Kreativ war der, der den Vampir mit seinen heute jedem Kind bekannten Eigenschaften erfunden hat. Das ist dann alle Male erfolgversprechender als die Kopie einer Kopie. Phantasie ist zwar niemals ein Selbstläufer, viele Menschen fürchten sich abseits der bekannten Pfade, aber zum Glück gibt es auch viele, die sich ihre Neugier erhalten haben und Kreatives zu schätzen wissen. Auch wenn der Abend etwas von einem „one night stand“ hatte. Es war schön und mitreißend, aber wieder nüchtern fragt man sich, ob man es noch einmal tun würde. Aber ich glaube die Antwort darauf ist ja.