Interview mit Mehdi Martens anlässlich des Erscheinens von „Energie“

MM: Guten Morgen, ich bin in letzter Zeit recht häufig hier, oder?

RB: Nicht ohne Anlass. Immerhin erscheint heute ihr drittes Buch in diesem Jahr.

MM: Wurde auch Zeit (kichert)

RB: Der deutlich vereinfachte Produktionsprozess macht es möglich. Aber das ist nicht das Thema, sondern ihr neuestes Werk bei uns, „Energie“. Ich muss zugeben, ich habe lange nicht mehr so gelacht.

MM: Freut mich.

RB: Wie kamen sie auf diese humoristische Form und Ihre Hauptperson Falk?

MM: Das war ehr Zufall. Ich wollte einen Roman aus der Ich- Perspektive schreiben und habe mich gleichzeitig über den berühmten „Stock im Arsch“ geärgert, der bei allen religiösen und philosophischen Fragen anscheinend unvermeidlich ist. Daraus entstand „Energie“.

RB: Das Buch hat mich in eine unglaublich authentische Parallelwelt entführt, wenngleich der Handlungsfaden auch gleichzeitig Haarsträubend ist. Dennoch war ich am Ende fast geneigt die Welt in der Falk lebt für real zu halten. Wie kann das sein?

MM: Das liegt daran, das die Gesetzte der Energie, wie ich sie beschreibe, wahr sind. Die Rituale authentisch und natürlich die Sekten und Kulte die ich beschreibe wirklich existieren. Allerdings habe ich mir die Freiheit genommen das Ganze etwas zu überzeichnen. So entsteht eine Welt die nahe genug an der Realität ist um nachvollziehbar zu sein und dennoch völlig fremdartig ist.

RB: Grade die Rituale haben eine besondere Plastizität, mir persönlich hat die Stelle mit dem improvisierten Altar am besten gefallen.

MM: Weshalb daraus das Cover geworden ist?

RB: Ja natürlich. Das Ganze war so leicht nachvollziehbar, dass ich nicht umhin konnte die Szene nachzustellen. Wie ist das in ihrem Leben? Hat ihr Haus ein energetisches Schutzgitter und führen sie regelmäßig ein Reinigungsritual durch?

MM: (Lacht) Durchaus, wenngleich ich es gerne dem Leser überlasse die Gefahr einzuschätzen, die ein Fehlen solcher Vorkehrungen für ihn bedeutet.

RB: Wieviel Falk steckt in Mehdi Martens?

MM: Gute Frage. Natürlich sind alle meine Hauptpersonen eine Facette meines eigenen Selbst. Aber eine Facette ist immer nur ein Teil des Ganzen. Im Gegensatz zu den meisten Menschen glaube ich nicht daran, dass ich irgendetwas bin. Ich kann irgendetwas sein, wenn ich das möchte, aber das ist etwas Anderes.

RB: Das kann man verstehen, wenn man zum Beispiel „das kleine Handbuch der Magie“ liest, aber ist es wirklich so wichtig das „ich“ zu bemeistern?

MM: Ja, das ist das Wichtigste überhaupt. Alle Lehren die mit „Erlösung“ oder „Erleuchtung“ zu tun haben drehen sich genau um diesen Punkt. „Selbstlose Liebe“ und das Buddhistische Ideal des „Mu“ sind Ein- und Dasselbe. Beides ist nur erreichbar, wenn einem das „Ich“ nicht im Wege steht.

RB: Davon ist Falk aber weit entfernt, oder?

MM: Wenn man nur das Bild eines Mönchs im Kopf hat schon. Ich denke aber, dass Falk recht weit auf seinem Weg gekommen ist. Karma ist keine Einbahnstraße, indem wir uns von Egoismen frei machen reduzieren wir das Ungleichgewicht und erhöhen gleichzeitig unsere Perfomance. Wer also wie Falk von dem leben kann was er gerne macht, damit zufrieden ist und sich an kleinen Dingen im Leben erfreut ist durchaus weit gekommen auf seinem Weg.

RB: Unglück ist also hausgemacht?

MM: Ja, definitiv. Das „Ich“ ist so etwas wie der Drehzahlbegrenzer in einem Motor. Mit seinen unzutreffenden Definitionen hält es uns davon ab die Dinge zu tun, die eigentlich erforderlich und richtig wären. Meistens blockiert es uns durch Angst, die „der erste Schritt zum Versagen ist“, wie Crowley es so schön formuliert hat.

RB: Mir kam es so vor, als ob „Energie“ ein Kommentar zum Buch der Lügen ist. Immerhin verwendet Falk ja viele seiner Rituale daraus.

MM: Ja und nein. Ich hatte ja die Jahre vor diesem Buch am „Buch der Lügen“ gearbeitet, deshalb lag es nah diese zu verwenden. Andererseits hat Crowley durchaus Schwächen in seiner Einschätzung wie wichtig Karma ist.

RB: das müssen sie mir näher erklären.

MM: Bei aller Brillanz die Crowleys Werk hat, wenn ich mir sein Leben ansehe, zeugt es nicht von einem ausgeglichenen Karma das Erfolge impliziert. Am Ende ist er völlig verarmt und ziemlich allein.

RB: Und Drogensüchtig.

MM: Das würde ich nicht überbewerten. Crowley hatte Asthma und zu seiner Zeit war Heroin eine empfohlene Therapie dagegen, wenngleich das einem heute abenteuerlich anmutet. Das sich eine Sucht niemals positiv auswirkt ist natürlich klar. Auch deswegen fehlt es ihm im Alter an der Brillanz die sein früheres Werk so einzigartig macht.

RB: In ihrem neuen Buch schafft sich Falk aber durchaus Karma, ohne zu viel verraten zu wollen, wie ist das vereinbar?

MM: Niemand ist perfekt und damit auch meine Romanfiguren nicht. Es gibt zukünftig noch einen zweiten Band, in dem das näher thematisiert wird.

RB: Erfreuliche Nachrichten für unsere Leser. Aber noch einmal zurück zu Energie. Ich hatte immer wieder das Gefühl, das ein Großteil der Energiearbeit die Falk verwendet direkten Bezug zu meiner Realität hat. Ich frage mich, seitdem ich es gelesen habe, wieviel davon für mein eigenes Leben zutrifft.

MM: Dann habe ich alles richtig gemacht. Das ist des Pudels Kern, wie man so schön sagt. Da alle Menschen durchaus fundiertes Wissen über Energie haben, denn wir waren alle einmal Kinder, passiert die Manipulation der Energie ständig um uns herum. Sei es bewusst, dann werden wir Manipuliert, oder unbewusst, das nennen wir dann „gesunder Menschenverstand.“

RB: (Muss selber lachen) Oder ehr „ungesunder Menschenverstand“ in diesem Zusammenhang.

MM: Genau. Das zu erkennen ist schon die halbe Miete.

RB: Wir danken für das Gespräch.

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