Recht und Konsens

Diese Woche musste ich mich wundern. Kaum hatte ich sonntags über das „Staatsversagen“ gebloggt, kamen die Medien in den darauffolgenden Tagen zu dem gleichen Schluss. Liest da jemand meinen kleinen Blog? Oder ist es mittlerweile so offensichtlich, dass wir ein neues „Grundgesetz“ haben, das nur ein Gebot kennt: „Bereichert euch!“

Ich mag es nicht über Vergangenes zu schreiben, Nostalgie hat vor allem immer etwas mit Identitätsverlust zu tun. Doch damit habe ich nichts am Hut. Dennoch werde ich heute diese Regel einmal brechen. Denn es ist absolut erstaunlich, dass die Ereignisse der Silvesternacht immer noch die  Schlagzeilen dominieren. Eine so lange Halbwertszeit hatten nicht einmal die letzten Attentate religiöser Spinner. Warum ist das so? Was hat dieser Aufschrei zu Tage gefördert was vorher nicht so offensichtlich war?

Da hilft ein Rückblick in die Vergangenheit. In meiner Jugend gab es einen Konsens und das Recht. Alle wussten irgendwie was richtig war, Recht war dagegen etwas was durchaus durch den Konsens außer Kraft gesetzt werden konnte. Niemals wäre der Dorfpolizist auf die Idee gekommen am Tage des Vereinsfests eine Alkoholkontrolle durchzuführen. Es war ja sowieso klar, dass alle die vom Parkplatz vor dem Bierzelt losfuhren die Promillegrenze locker gerissen hätten. Da wurde ich als Jugendlicher schon mal an Fasching mit 8 stark alkoholisierten Personen im Kleinwagen angehalten, und mit einem Grinsen weitergeschickt nachdem wir glaubwürdig versichert hatten, nur noch 3 Kilometer bis zum Kehraus zu fahren. Das war gesellschaftlicher Konsens. Alle wussten was richtig war und so konnten schon mal 5 Grade sein. Auch wenn dieselben Polizisten dann mit Schlagstöcken auf der anderen Seite der Anti AKW Demo standen und nicht mehr grinsten. Auch wenn damals vieles andere im Argen lag, im Grunde wussten alle Bürger was erlaubt war und wo die fließende Grenze anfing an der man riskierte bestraft zu werden.

Heute ist das völlig anders. Seit den Siebzigern hat sich die Anzahl der Gesetzte gefühlt verdreifacht. Es ist schon fast unmöglich einen ganzen Tag lang nicht gegen irgendwelche Bestimmungen zu verstoßen. Unangeschnallt zum S-Bahn Parkplatz fahren, schnell auf dem Bahnsteig noch eine Rauchen, dabei einer Frau nachpfeifen und einen farbigen Mitbürger als Neger bezeichnen und schon sind 500€ Bußgeld zusammen, die vor 35 Jahren bestenfalls Gelächter ausgelöst hätten. Hysterische Gender und Anti Diskriminierung Sprachregelungen, Gängel- Gesetzte die tief in den Tagesablauf der Bürger eingreifen und immer neue Vorschriften, sei es im Straßenverkehr oder am Bau, an der Arbeitsstelle oder beim entrichten Staatlicher Abgaben machen es schwierig bis unmöglich sich wirkliche Gesetztes konform zu verhalten. Sehen Sie sich um, jeden Morgen telefoniert jemand neben Ihnen an der Ampel mit seinem Handy, in der U-Bahn wird das Alkoholverbot ignoriert und zu schnell gefahren wird trotz totaler Radarüberwachung auch immer noch. Die Lücke zwischen Recht und Konsens wächst seit Jahren, mit dramatischen Folgen.

Denn diese Entwicklung höhlt die Gesellschaft von zwei Seiten gleichzeitig aus. Einerseits verlieren die Bürger jeden Respekt vor der Gesellschaftsordnung. Sie „machen einfach nicht mehr mit“, ein Staat mit lauter sinnlosen Vorschriften ist Ihnen komplett egal. Andererseits verlieren die, die für die Durchsetzung dieser Vorschriften sorgen solle jede Motivation. Wer ständig auf Unverständnis, Ärger und Aggression trifft, der grinst nicht mehr bei kleinen harmlosen Übertretungen. Die Polizei, dein Freund und Helfer das war einmal.

Das ist der Nährboden, auf dem die Ereignisse der Silvesternacht überhaupt erst gedeihen konnten. Ein Polizist in den Siebzigern hätte sofort alle Kräfte mobilisieren lassen und etwas was außerhalb des Rechtes und des Konsens passierte sofort zu stoppen. Doch die Einsatzkräfte vor Ort waren sich da nicht sicher. Sie wollten nicht als „rechts“ abgestempelt werden, hatten keine ausreichende Motivation um, vielleicht auch in Unterzahl, zu versuchen den Mob zu stoppen und haben vielleicht nicht einmal den Unterschied erkannt. Ihnen war die Gewichtung sexueller Übergriffe und gewalttätigen Raubtaten nicht klar, war das etwas anderes als ein „Blitzer Marathon“ oder dem Verfolgen von Handytelefonieren am Steuer?

Ja Verdammt! Will man Ihnen zurufen, aber die Organe einer Gesellschaft sind immer nur deren sichtbaren Teile. Daher ist es gut, dass sich die Ereignisse vom 31.12. so lange in den Nachrichten halten. Denn es wird immer mehr Menschen hierzulande klar, dass in unserem Staat etwas faul ist. Der Fisch stinkt vom Kopf, höchste Zeit diesen wieder zum Denken zu benutzen. Deshalb sollte man sofort jeden, der schärfere Gesetzte fordert, abstrafen. Vielmehr sollte mit dem unüberschaubaren Verordnungsdickicht endlich aufgeräumt werden und die wichtigen Gesetzte, über die dann vielleicht endlich wieder Konsens beststeht, auch durchgesetzt werden. Sonst ergeht es unserer Gesellschaft wie allen die Ihren Höhepunkt überschritten haben, der Zerfall setzt ein und die Reste eines todkranken Staates fallen an innere oder äußere Raubtiere. Das möchte ich allerdings nicht erleben!

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